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3.5 Parkraumbewirtschaftung

Seit dem 6. März 1995 läuft in Berlin eine zweijährige Testphase zur Parkraumbewirtschaftung. Als Parkraumbewirtschaftungszonen sind die Spandauer Altstadt, die westliche Innenstadt sowie Stadtmitte eingerichtet worden. Offensichtlich einmalig im Bundesgebiet übernehmen private Firmen in den drei Parkraumbewirtschaftungszonen nicht nur die Aufstellung und Unterhaltung der Parkscheinautomaten, sondern auch die Kontrolle der Parkberechtigungen im jeweiligen Bewirtschaftungsgebiet. Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat zu diesem Zweck für das Land Berlin mit verschiedenen Firmen einen Vertrag über die Bewirtschaftung von Anwohnerparkzonen in Berlin abgeschlossen.

Der Vertrag verpflichtet die Firmen zum einen zur Beschaffung, zum Aufbau und zur Unterhaltung der Parkscheinautomaten; zum anderen überträgt er den Firmen auch die Überwachung des ruhenden Verkehrs in Abstimmung mit der Polizei. Die privaten Firmen kontrollieren in den vertraglich vereinbarten Gebieten und zu vertraglich vereinbarten Zeiten den ruhenden Verkehr. Die Entscheidung, wo und wann kontrolliert wird, obliegt dem Polizeipräsidenten. Dieser kann den Mitarbeitern der privaten Firmen jederzeit Weisungen erteilen. Wenn die Privaten bei ihrer Kontrolltätigkeit einen Verstoß gegen das Halten und Parken feststellen, erfassen sie mittels Hand-Computer die Daten und übermitteln diese nach Ablauf eines Arbeitstages an die Bußgeldstelle. Am kontrollierten Fahrzeug hinterlassen die Kontrolleure einen Hinweiszettel, mit dem der Fahrzeuginhaber darauf hingewiesen wird, daß er sein Fahrzeug verkehrswidrig abgestellt habe und die weitere Bearbeitung unter Einsatz der automatischen Datenverarbeitung der Bußgeldbehörde beim Landespolizeiverwaltungsamt erfolgen werde.

Bei dem Einsatz privater Firmen zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht die Frage, ob es sich hierbei um eine Funktionsübertragung oder um Auftragsdatenverarbeitung nach § 3 BlnDSG handelt. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang die Frage, in welchem Umfang Private im Bereich der hoheitlichen Aufgabenerfüllung eingesetzt werden dürfen.

Die Polizei übernimmt die erhobenen Daten über Parkverstöße zunächst zwar ohne weitere Prüfung zum Erlaß von Verwarnungs- und Bußgeldbescheiden. Nach dem mit den privaten Firmen abgeschlossenen Vertrag sind dem Polizeipräsidenten aber die Entscheidungen über das Ob, Wo und die Dauer der Kontrollen und damit der Datenerhebungen durch die Privaten vorbehalten. Bei den Datenerhebungen steht den Privaten kein Ermessensspielraum zu, da sie bei ihrer Tätigkeit weisungsabhängig vom Polizeipräsidenten sind.

Wir sehen den Einsatz der Privaten gerade noch als Auftragsdatenverarbeitung an, weil die Privaten bei ihrer Aufgabenerfüllung in jeder Hinsicht von den Weisungen des Polizeipräsidenten abhängig sind. Ob der Verzicht der Polizei auf eine Ermessensausübung vor Ort verfassungsrechtlich zulässig ist, ist allerdings umstritten und liegt dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Seitenanfang Der mit den privaten Firmen geschlossene Vertrag, in dem auch die Auftragsdatenverarbeitung geregelt ist, zitiert speziell zur Datenerfassung und -speicherung mit mobilen Datenerfassungsgeräten, zur Zusammenführung der erfaßten Daten auf einem Datenträger und zum Transport der Datenträger bzw. Übertragung der Daten zur Bußgeldstelle lediglich § 5 Abs. 3 BlnDSG. Eine Präzisierung dieser Maßnahmen zur Erfüllung der zitierten Kontrollanforderungen erfolgt ebensowenig wie eine durchgängige, präzise Darstellung der in Auftrag gegebenen Datenverarbeitungsschritte.

Gerade wegen der besonderen Risiken mobiler IuK-Technik hätten jedoch Mindestanforderungen an Maßnahmen zur Benutzer- und Speicherkontrolle bei den mobilen Datenerfassungsgeräten und zur Transportkontrolle beim Datenträgeraustausch bzw. Datenübertragung an die Bußgeldstelle formuliert werden müssen.

Auch die Umsetzung des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes warf bereits vor Beginn der Testphase zahlreiche Probleme auf.

Nachdem uns die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe Ende November 1994 durch Übersendung einer Mitteilung zur Kenntnisnahme für das Abgeordnetenhaus über ein Parkraumbewirtschaftungskonzept unterrichtet hatte, erfuhren wir Anfang des Jahres 1995 aus der Presse sowie durch zahlreiche Bürgerbeschwerden, daß bereits private Firmen mit der Parkraumbewirtschaftung beauftragt worden waren und die Ausgabe von Anwohnervignetten etwa Ende Januar 1995 beginnen sollte. Ein Datenschutzkonzept lag nicht vor. Erst nach einer Beanstandung und einem weiteren halben Jahr hat uns die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe den zwischen dem Land Berlin und den privaten Firmen geschlossenen Vertrag zur Verfügung gestellt. Auch eine Meldung zum Dateienregister war mit Beginn der Testphase des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes noch nicht erfolgt. Nach Auffassung der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe handelt es sich bei dem Notieren des Kraftfahrzeugkennzeichens, des Kraftfahrzeugtypes sowie der Angaben, wie und wo falsch geparkt wurde, durch die Privaten nicht um eine Datenspeicherung. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BlnDSG bedeutet Speichern jedoch das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einem Datenträger. Diese Voraussetzungen liegen hier zweifelsfrei vor.

Die Mitarbeiter der privaten Firmen fertigen in Ausnahmefällen auch Fotos zu Beweiszwecken. Die Filme bleiben bei den Firmen und werden erst im Rahmen einer etwaigen Zeugenanhörung durch die Bußgeldbehörde entwickelt und dieser übersandt. Der Verbleib der Negative bei den privaten Firmen ist bedenklich. Die zu Beweiszwecken gefertigten Negative sind der Bußgeldbehörde zu übermitteln, denn auch bei den Fotos handelt es sich um personenbezogene Daten, die für das Ordnungswidrigkeitenverfahren erhoben wurden. Nach Erledigung des jeweiligen Bußgeldverfahrens sind die Negative der zu Beweiszwecken aufgenommenen Fotos zu vernichten.

Auch die Datenerhebung zur Erteilung eines Anwohnerparkausweises war problematisch. Aus den Informationsmaterialien zur Antragstellung ergab sich für den Bürger, daß dem Antrag eine Ablichtung des Personalausweises und in Einzelfällen eine Bescheinigung aus dem Melderegister sowie eine Ablichtung der Seite des Kraftfahrzeugscheines, aus der sich der Name und die Anschrift des Halters sowie das amtliche Kennzeichen des Fahrzeuges ergeben, beigefügt werden mußte. Die Erhebung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der durch Gesetz der datenverarbeitenden Stelle zugewiesenen Aufgaben und dem jeweils damit verbundenen Zweck erforderlich ist [31]. Wie die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe eingeräumt hat, enthält eine Ablichtung des Personalausweises personenbezogene Daten, die für die Antragsbearbeitung nicht benötigt werden. Erforderlich sind lediglich der Name und die Anschrift des Antragstellers, nicht jedoch die Augenfarbe und die Größe oder das Foto. Auch von dem Kraftfahrzeugschein sind nach Angaben der Verkehrsverwaltung für die Antragsbearbeitung nur der Name und die Anschrift des Halters sowie das amtliche Kennzeichen für die Erteilung der Vignette erforderlich, nicht aber das Datum der nächsten Hauptuntersuchung.

Die meisten Antragsteller dürften ihrem Antrag komplette Kopien ihrer Ausweise und Fahrzeugscheine beigefügt haben. Von der ursprünglich von der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe angekündigten Schwärzung der nicht erforderlichen Daten wurde wieder abgerückt. Nunmehr soll nur dann geschwärzt werden, wenn ein Vorgang anläßlich eines Änderungsantrages neu bearbeitet wird. Änderungsanträge dürften jedoch nur in wenigen Fällen gestellt werden, so daß in der Mehrzahl der Fälle auch weiterhin unzulässig personenbezogene Daten gespeichert bleiben werden und für die Bewohner der Parkraumbewirtschaftungsbereiche eine bedenkliche Personalausweissammlung bei der Polizei entstanden ist.

Ausnahmegenehmigungen für das Parken in einer Parkraumbewirtschaftungszone werden in Form eines Bescheides durch den Polizeipräsidenten in Berlin erteilt, der den Bereich der Ausnahmegenehmigung, den Zeitraum der Wirksamkeit der Ausnahmegenehmigung, das Kraftfahrzeug-Kennzeichen des Antragstellers sowie den Zweck der Ausnahmegenehmigung enthielt. Da der Bescheid immer in Briefform verfaßt wird, enthält er auch die vollständige Adresse des Antragstellers. In den Nebenbestimmungen zu der Ausnahmegenehmigung wurden die Bürger darauf hingewiesen, daß sie - sofern sie ihr Fahrzeug verlassen - die erste Seite der Ausnahmegenehmigung im Fahrzeuginnern nach außen hin lesbar anzubringen hätten. Diese erste Seite enthält die Adresse des Antragstellers, das Kraftfahrzeug-Kennzeichen sowie auch die Angabe des Zweckes für die Ausnahmegenehmigung.

Nach § 46 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) dürfen Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse unter dem Vorbehalt des Widerrufes sowie mit Nebenbestimmungen erteilt werden. Die Vorschrift regelt auch, daß die Bescheide vom Betroffenen mitzuführen und auf Verlangen den zuständigen Personen auszuhändigen sind. Da bei einem Auslegen der ersten Seite des Bescheides im Kraftfahrzeug jedermann diese Daten lesen kann, dürfen nur die für die Aufgabenerfüllung tatsächlich erforderlichen Daten auf der Ausnahmegenehmigung auch für Dritte zu lesen sein. Dies ergibt sich aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz des § 9 Abs. 1 BlnDSG. Nicht erforderlich ist danach die Angabe der vollständigen Adresse des Betroffenen. Dies hat auch der Polizeipräsident eingeräumt. Er hat uns mitgeteilt, daß in Zukunft der Genehmigungsinhaber beim Auslegen der Ausnahmegenehmigung im Fahrzeug nicht mehr sichtbar sein müsse.

Für nicht erforderlich halten wir auch das Auslegen des Zweckes der Ausnahmegenehmigung. Die Angabe des Zweckes der Ausnahmegenehmigung ermöglicht bei Abwesenheit des Fahrers nicht die Kontrolle, ob der angegebene Zweck tatsächlich in Anspruch genommen wird. Die in den Parkraumbewirtschaftungszonen tätigen privaten Firmen sind zudem nicht befugt, eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob der Fahrer des Fahrzeuges dem auf der Ausnahmegenehmigung angegebenen Zweck tatsächlich nachgeht. Da eine Kontrolle des Zweckes nach unserer Auffassung tatsächlich nicht möglich ist, halten wir die Angabe des Zweckes auf dem ausgelegten Teil des Bescheides für nicht erforderlich. Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat uns auf unsere Frage, warum der Zweck der erteilten Ausnahmegenehmigung sichtbar im Fahrzeug ausliegen müsse, keine befriedigende Antwort gegeben. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, daß die Kontrollkräfte zweifelsfrei feststellen können müßten, daß zwar eine Ausnahmegenehmigung vorliege, diese jedoch zu anderen als den dort genannten Zwecken - und damit unzulässig - genutzt worden sei. Dies setze voraus, daß bei einer Verkehrsüberwachung der Zweck der Ausnahmegenehmigung ohne weiteres aus der im Fahrzeug ausgelegten Urkunde festgestellt werden könne. Dies ist unserer Auffassung nach jedoch gerade nicht möglich. Wir haben daher eine Beanstandung gegenüber der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe wegen ihrer Forderung, auch den Zweck der Ausnahmegenehmigung für jedermann sichtbar durch Auslegen des Bescheides mitanzugeben, ausgesprochen.

Die Frage, wann eine Löschung der Antragsdaten erfolgen soll, ist nicht abschließend geklärt. Hier sind klare Löschungsfristen vorzusehen, die - wenn schon überflüssige Daten nicht geschwärzt werden - so bald wie möglich greifen sollten.

Da die Informationsmaterialien und Antragsunterlagen unzureichende Angaben über die zur Antragsbearbeitung erforderlichen Daten enthalten, ist eine Änderung dieser Unterlagen notwendig. Es müssen die erforderlichen datenschutzrechtlichen Hinweise - insbesondere auf die Schwärzungsmöglichkeit - gegeben werden. Eine Überarbeitung dieser Unterlagen soll "voraussichtlich" nicht erfolgen. Dies ist umso bedauerlicher, als die Testphase für das Parkraumbewirtschaftungskonzept noch nicht einmal zur Hälfte abgelaufen ist, Erweiterungen offenbar geplant sind und sicherlich noch weitere Ausnahmegenehmigungen beantragt werden. Bei künftig eingehenden Anträgen, die für die Antragsbearbeitung nicht erforderliche personenbezogene Daten enthalten, sind diese Daten durch die Mitarbeiter der Polizei gleich zu schwärzen.

Der Vertrag zwischen dem Land Berlin und den Parkraumbewirtschaftungsfirmen enthält auch Regelungen über den Einsatz von Mitarbeitern bei den Firmen. Danach soll der Polizeipräsident seine Zustimmung zum Einsatz der Kontrolleure erteilen. Das setzt eine Überprüfung der privaten Arbeitnehmer und Datenerhebungen durch die Polizei voraus. Eine solche Datenerhebung würde ohne Rechtsgrundlage erfolgen. Das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) sieht hierfür keine Befugnis vor, und die Regelung des § 13 BDSG für die Datenerhebung, auf die das Berliner Datenschutzgesetz verweist, ist nur für die Personaldatenverarbeitung durch den öffentlichen Arbeitgeber anwendbar. In dieser Funktion wird die Polizei aber nicht tätig. Auch die in dem Vertrag vorgesehen Möglichkeit des Auftraggebers (Land Berlin), in die Personalakten der bei dem Auftragnehmer (private Firmen) beschäftigten Überwachungskräfte Einsicht zu nehmen und zu diesem Zweck die Einverständniserklärung des Betroffenen einzuholen, ist nicht zulässig. Die Einwilligung der Mitarbeiter in die Einsichtnahme in ihre Personalakten erfolgt in diesen Fällen nicht freiwillig. Im übrigen wäre auch eine Einsichtnahme in die vollständige Personalakte unzulässig, weil sie gleichzeitig zur Offenbarung von Personalinformationen führen würde, die für eine Überprüfung nicht erforderlich sind. Für eine ebenfalls in dem Vertrag vorgesehene Einholung von "Gauck"-Auskünften bei Mitarbeitern aus dem Westteil Berlins fehlt es ebenfalls an einer Rechtsgrundlage [32].

Zuletzt geΣndert:
am 08.02.97

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